Sie lauern im Verborgenen. Jeden Winter schlagen sie zu. Ihre Opfer wählen sie sorgfältig aus. Mika Stellar, Vater einer Tochter, wird einer von ihnen. Doch während die übrigen Mitglieder der Gruppe Vorbereitungen für ihren nächsten Beutezug treffen, hat Mika ganz andere Pläne.
Viele Thriller habe ich in den letzten Jahren hören und lesen dürfen, aber selten einen so beunruhigenden wie diesen aktuellen Roman von Zoran Drvenkar. Es ist die Art von Beunruhigung, die man etwa nachts allein in einer leeren, großen Wohnung verspürt, wenn draußen ein Gewitter tobt und der Wind um die Häuserecken pfeift. Oder die, die immer dann aufbrandet, wenn das eigene Kind abends nicht pünktlich nach Hause kommt.
Drvenkar nimmt uns mit in die tiefsten Untiefen der Gesellschaft, in der sich eine Gruppe von Päderasten regelmäßig in einem Pub trifft und Pläne schmiedet, wie und wann das nächste Opfer geschnappt werden soll.
In den verschiedenen Kapiteln, die mit „Ich“, „Sie“ und „Du“ überschrieben sind erfahren wir nach und nach mehr über eine verschworene Gemeinschaft von „Kinderjägern“, die regelmäßig ihre perversen Menschenjagden veranstalten, über ein Mädchen, das als Einzige einer solchen Jagd entkommen konnte und über Mika Stellar, der sich als Gleichgesinnter getarnt in das perverse Milieu begibt.
Es ist ihr latent bedrohlicher Unterton, der diese Geschichte aus der Unmenge der auf den Markt geschwemmten Thrillerware (un-)angenehm hervorhebt. Leicht hätte aus dem reißerischen Thema ein weiterer Gewaltporno mit grässlichen Schilderungen der darin begangenen Verbrechen werden können. Drvenkar taucht stattdessen lieber in die Gedankenwelt seiner Figuren ein, was dem Leser (Hörer) allerdings oftmals ebenso schockierende Erkenntnisse beschert.
Insgesamt ist der Roman nicht völlig frei von Klischees und wirkt an der ein oder anderen Stelle vielleicht ein wenig zu konstruiert, wartet aber dafür mit ein paar unerwarteten Wendungen auf, die auch erfahrene Thrillerfans überraschen werden.
Ich muss dabei immer wieder an eine bestimmte Stelle denken, an der ein Kind plötzlich und begeistert „Papa!“ ruft, und die mir eine lange nicht mehr dagewesene Gänsehaut beschert hat.
Was mich zum Schluss zu Vorleser Christoph Maria Herbst bringt. Ohne ihn, der ja vorwiegend durch seine komischen Rollen (Stromberg) bekannt ist, wäre dieses Hörbuch sicher nicht so ein einprägsames Erlebnis geworden.
Er bringt durch seinen gekonnten Vortrag den unheimlichen und unbequemen Grundton des Romans durchweg voll zur Geltung und beweist, dass er weitaus mehr spielen kann, als nur die Rolle des Spaßvogels.
Und zum Vergleich zwischen Zoran Drvenkar und Stephen King, der auf dem Cover der CD-Box medienwirksam gezogen wird, kann ich nach dem Hören von Still nur sagen:
King lesen (hören) macht Spaß, wenn auch manchmal auf eine etwas besorgniserregende Art und Weise :-) .
Drvenkar lesen (hören) macht Bauchschmerzen und wird vielleicht dafür sorgen, dass Sie nach der Lektüre von Still Ihre Kinder eine Zeit lang nicht mehr allein auf die Straße lassen werden.
Chapeau!
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