Ein kleiner Junge wird aus einem Internat entführt und beinahe zeitgleich wird einer erfolgreichen Bestsellerautorin das unveröffentlichte Manuskript ihres neuen Romans gestohlen. Holmes und Watson ermitteln getrennt voneinander und müssen bald feststellen, dass die beiden Verbrechen miteinander zusammenhängen. Geht es in Wirklichkeit etwa nur darum, den Meisterdetektiv herauszufordern? Und wer zieht im Hintergrund die Fäden?
An Hörspieladaptionen von neuen und alten Abenteuern des weltberühmten Meisterdetektivs herrscht auf dem Markt beileibe kein Mangel. Und mit Benedict Cumberbatch als Sherlock in der hochgelobten BBC-Fernsehserie und Robert Downey Jr. in der Titelrolle der erfolgreichen Kinofilme von Guy Ritchie, sind Holmes und Watson auch im zeitgenössischen Kino und TV angekommen.
Drehbuchautorin und Regisseurin Viviane Koppelmann orientiert sich mit ihrer Herangehensweise klar an der TV-Fassung der BBC.
Holmes und Watson leben in der Jetztzeit, bei der Schilderung der Fälle orientiert man sich aber an den klassischen Geschichten aus der Feder von Arthur Conan Doyle, im vorliegenden Fall etwa an Das Musgrave Ritual, was sich allerdings nur auf Titel und Schauplatz bezieht.
Ansonsten hat die Story genügend frisches und aktuelles Potenzial, sodass sich ein Gefühl von „Alles schon mal da gewesen …“ erst gar nicht einstellt.
Es gibt Bezüge zum aktuellen Zeitgeschehen (Terrorismus, Geheimdienste), aber auch Elemente einer klassischen Detektivgeschichte. So ist zur Rettung des verschwundenen Jungen unter anderem auch die Lösung eines Rätselverses vonnöten.
Hauptdarsteller Johann von Bülow (Im Angesicht des Verbrechens) beschreibt den Holmes dieser Hörspielserie in einem Videointerview treffend als „aristokratischen Punk“. Genial, meistens überheblich und unverschämt selbstsicher.
An Watson, gespielt von Florian Lukas (Absolute Giganten), gefällt mir hier besonders, dass er bis auf seine fehlende Genialität fast als gleichwertiger Partner des Detektivs eingeführt wird. Anders als in anderen Adaptionen, in denen der Doktor oft zum latent begriffsstutzigen Stichwortgeber verkommt.
Auch in den Nebenrollen ist das Hörspiel durchweg prominent und hochkarätig besetzt, etwa mit Stefan Kaminski (Kaminski On Air) als Moriarty, Hansi Jochmann (Synchronstimme von Jodie Foster) als Bestsellerautorin und Peter Jordan als Inspektor Lestrade.
Was Geräusche und Effekte angeht, nutzt man die Möglichkeiten des Mediums Hörspiel sehr gut aus. Schön zu hören etwa während der raffiniert geschnittenen Sequenzen, in denen Holmes Mitmenschen und Tatorte in Sekundenschnelle „deduziert“.
Auch die musikalische Untermalung ist sehr gut gewählt. Und trotz der vielen modernen Elemente kommt doch immer wieder das wohlige Gefühl auf, das man auch beim Hören eines klassischen Radiokrimis verspürt.
Die Frage, ob er oder sie noch einen weiteren Hörspiel-Holmes braucht, wird jeder Hörer und jede Hörerin für sich selbst entscheiden müssen.
Ich bin jedenfalls gespannt auf die weiteren Abenteuer des Ermittlerduos. Leonhard und Viviane Koppelmann haben dem unsterblichen Detektiv und seinem Assistenten erfolgreich den Weg ins 21. Hörspieljahrhundert geebnet.
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