Montana im Jahr 1960: Die Zwillinge Dell und Berner sind 15 Jahre alt und Kinder rechtschaffener Eltern. Als der berufliche Erfolg bei ihrem Vater ausbleibt, lässt der sich auf krumme Geschäfte ein und verdingt sich nebenher als Hehler. Als einer seiner Deals misslingt, sieht er sich und seine Familie plötzlich von Schuldeneintreibern bedroht. Also fassen Mutter und Vater den Entschluss, eine Bank zu überfallen. Natürlich werden sie geschnappt, und als beide ins Gefängnis müssen, beginnt für Dell und seine Schwester eine Reise ins Ungewisse …
Schon im ersten Satz nimmt Richard Ford seiner Geschichte scheinbar die Spannung, denn er erwähnt bereits den Raubüberfall und verrät auch, dass sich später noch Morde ereignen werden.
Dennoch ist der Weg dorthin zu keiner Sekunde langweilig. Fords Schreibstil ist oft lakonisch, trotzdem aber ungemein bildreich und farbenfroh. Man erhält tiefe Einblicke in die Gedankenwelt des Ich-Erzählers Dell, der seine Lebensgeschichte im Alter von 65 Jahren niederschreibt.
Was passiert im (Seelen-)Leben von Kindern, denen durch das Fehlverhalten ihrer Eltern die Jugend verdorben wurde?
Dell wird nach der Verhaftung seiner Eltern nach Kanada gebracht, wo er in eine fremde Welt voller Erwachsener gestoßen wird, einen nur scheinbar sicheren Ort. Denn der Hotelbesitzer Arthur Remlinger, dem Dell anvertraut wird, hütet ebenfalls ein dunkles Geheimnis.
Richard Ford, der für seinen Roman Unabhängigkeitstag mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet wurde, schildert diese einerseits unbarmherzige, andererseits immer wieder von Momenten der Hoffnung erleuchtete Welt eindrucksvoll aus der Sicht eines Fünfzehnjährigen. Dabei gelingen ihm immer wieder kluge Sätze und großartige Personen- und Ortsbeschreibungen.
Die Geschichte ist wie geschaffen für den Vorleser Christian Brückner, der in Interviews immer wieder betont, wie intensiv er sich der Erarbeitung eines zu lesenden Textes widmet. Er ist ein Meister der zurückhaltenden Interpretation, ein Meister der Pausen, der Atmer und Seufzer, die andere Hörbuchmacher zugunsten scheinbarer Qualität sofort herausschneiden würden.
Ein großer Roman, gelesen von einem der größten Hörbuchsprecher, an dessen Ende man nicht nur das Gefühl hat, über 10 Stunden hinweg gut unterhalten worden zu sein, sondern auch etwas über und für das Leben gelernt zu haben.
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