Gary und Irene, ein Ehepaar im Ruhestand, wollen ihrer Ehe noch eine letzte Chance geben. Dafür fassen sie den Entschluss, gemeinsam auf einer kleinen Insel in Alaska eine Hütte zu bauen und dort den Winter über zu leben. Ihre Tochter Rhoda, die sich nichts so sehr wünscht wie einen Heiratsantrag ihres Partners Jim, ist zwar wenig begeistert vom Plan ihrer Eltern, kann die beiden aber auch nicht von ihrem waghalsigen Plan abhalten. Und Mark, ihr Bruder, scheint außer kiffen und fischen nicht viel im Sinn zu haben, bietet Jim allerdings urplötzlich die Möglichkeit zu einer verhängnisvollen Affäre.
Das Alaska, wie es David Vann hier schildert, kommt meist wie eine Art Hölle am Ende der Welt daher. Die Natur zeigt sich überaus unbarmherzig gegenüber Gary und Irene, sodass man als Hörer nicht lange braucht um das Scheitern dieses Vorhabens vorauszusehen. Und auch die Ehe der beiden erweist sich mit der Zeit als einziger großer Trümmerhaufen, als Rest einer einst recht nützlichen Zweckgemeinschaft. Auch zwischen Rhoda und Jim kriselt es gewaltig, wenngleich die stets um Harmonie bemühte Rhoda nichts vom wilden Doppelleben ihres Lebensabschnittsgefährten ahnt, und obwohl er ihr schließllich doch noch einen Antrag macht, allerdings erst nachdem ihn seine Affäre, eiskalt abserviert (und abkassiert) hat.
Vanns Charakterzeichnungen sind beeindruckend. Irene ist seit ihrer Kindheit schwer traumatisiert und eigentlich von Beginn an von der Aussichtslosigkeit von Garys Vorhaben überzeugt, lässt sich aber ihm „zuliebe“ darauf ein. Gary, unduldsam und wortkarg, muss langsam aber sicher das Scheitern seines Lebenstraums einsehen, und mit dem Selbstvorwurf fertig werden, sich selbst und seiner Familie nie genügt zu haben. Und Rhoda, ein liebesbedürftiges Püppchen, dass in all ihrem Bemühen um Eintracht und Harmonie die Warnsignale in ihrer eigenen Beziehung nicht sieht, oder nicht sehen will.
Für alll das findet David Vann eine klare und schonungslose Sprache, mitreißend und oft deprimierend.
Leider verschenkt er dieses Potential an ein Finale, das so besser in einen Fließband-Psychothriller gepasst hätte. Fast könnte man am Ende meinen, man habe es die ganze Zeit über doch nur mit einer Irren zu tun gehabt. So einen bitteren Nachgeschmack hat dieser Roman eines zweifellos großen Erzähltalents wirklich nicht verdient.
Noch ein paar Worte zum Vorleser Christian Brückner: Er wird es sicher nicht mehr hören können, aber er ist zweifellos einer der größten Vorleser, die wir in Deutschland haben. Außerdem gebührt ihm mein Respekt dafür, dass er Robert De Niro, der, sind wir mal ehrlich, in den letzten Jahren schauspielerisch stark abgebaut hat, immer noch seine unverwechselbare Stimme leiht.
Brückners Vortrag ist ruhig, ohne jede Übertreibung oder Überzeichnung und dennoch voller Nuancen für die einzelnen Charaktere. Ein echter Genuss, ihm über die sieben Stunden Laufzeit dieses Hörbuchs gelauscht haben zu dürfen.
Das Hörbuch ist in Waltraut und Christian Brückners Verlag Parlando erschienen.
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