Es wird wohl kaum jemanden geben, der zumindest die Grundzüge der Handlung dieses Abenteuerromans, der als Blaupause für so viele weitere Seeräubergeschichten gedient hat, nicht kennt.
Der junge Jim Hawkins kommt durch Zufall in den Besitz einer Schatzkarte und macht sich mit einigen Gefährten auf die Suche nach der legendären Schatzinsel des Kapitäns Flint.
Unzählige Hörspieladaptionen hat die Geschichte bereits hinter sich. Eine der besten Umsetzungen stammt etwa von Sven Stricker und ist im Jahr 2002 ebenfalls beim Hörverlag erschienen.
Unter der Regie von Leonhard Koppelmann und der Bearbeitung von Heinz Sommer ist nun beim Hessischen Rundfunk eine opulente neue Hörspielfassung entstanden, die sich an der Neuübersetzung des Romans von Andreas Nohl orientiert.
Die Figuren sind in dieser Neufassung durchweg vielschichtiger und ambivalenter geraten. So ist etwa John Silver kein bärbeißiger Bösewicht, sondern bisweilen geradezu charmant und liebenswert, vor allem gegenüber Jim, der ihn als väterlichen Freund kennenlernt und schätzt.
Die Besetzung des Hörspiels ist durchweg prominent. Als Jim Hawkins spielt und erzählt Max von der Groeben (Team Undercover), als Dr. Livesey ist Sylvester Groth zu hören. Außerdem spielen bekannte und begabte Schauspieler wie Ulrich Pleitgen, Gerd Warmeling, Matthias Habich und Thomas Fritsch.
Den besten, beeindruckendsten und nachhaltigsten Auftritt hat allerdings Udo Wachtveitl (Tatort) in der Rolle des Long John Silver. Er versteht es meisterhaft, den charismatischen Schiffskoch mit all seiner Doppelbödigkeit darzustellen und wird so zur Stütze, besser zum Anker des ganzen Hörspiels.
Die Musik ist ebenfalls ein echter Genuss. Sie stammt von dem hörspielerfahrenen Komponisten Henrik Albrecht, der die Seefahrt und den Aufenthalt überwiegend mit Streicherarrangements unterlegt hat. Zusammen mit der unglaublich reichhaltigen Geräuschkulisse entsteht eine wahrhaft abenteuerliche Atmosphäre, wie man sie detailreicher selten zu hören bekommt.
Als kleinen Kunstgriff haben Heinz Sommer und Leonhard Koppelmann zudem Erzählpassagen eingebaut, in denen sie den Autor Robert Louis Stevenson zu Wort kommen lassen, der so immer wieder Anekdoten zur Entstehungsgeschichte des Romans zum Besten gibt. Ein ungewöhnliches Stilmittel, aber wie ich finde, ein ungewöhnlich gutes.
Am Ende gibt es dann auch noch einen Werkstattbericht, in dem einige der Macher des Hörspiels (Koppelmann, Sommer, Albrecht) bereitwillig aus dem Nähkästchen plaudern, und so dem interessierten Hörer einen kleinen Einblick in die Entstehungsgeschichte dieses Hörspiel-Mammutprojekts geben.
Eine wirklich rundum gelungene, wunderschön gemachte Neuinterpretation dieses zeitlosen Abenteuerklassikers. Trotz der vielen bereits vorhandenen Hörspiel-und Filmadaptionen ist diese erwachsenere Fassung deshalb uneingeschränkt jedem Hörspielliebhaber zu empfehlen.
Und Regisseur Koppelmann legt nach dem Abschluss der Morland-Trilogie (2012) und seiner Hörspielfassung von Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand (2013) mit Die Schatzinsel einen weiteren ganz heißen Anwärter auf das Hörspiel des Jahres vor.
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