Henry Chinaski arbeitet bei der Post. Und als Briefträger im Staatsdienst erlebt er so einiges. Seien es nun nymphomanische Hausfrauen, bissige Hunde oder hinterhältige Vorgesetzte. Doch Chinaski erträgt das alles (scheinbar) unberührt und verbringt seine wenige Freizeit mit trinken, Pferdewetten und der ewigen Suche nach der passenden Gefährtin.
Der Name Charles Bukowski begegnete mir zum ersten Mal in der Oberstufe des Gymnasiums. Es gebe da so einen berüchtigten Schriftsteller, meinte damals nämlich unser damaliger Englischlehrer, in dessen Büchern es ziemlich verrucht zuginge, so von wegen Drogen und Sex und so.
Glücklicherweise hatte unsere örtliche Stadtbibliothek ein schon ziemlich zerlesenes Exemplar von Der Mann mit der Ledertasche im Sortiment. Leicht verlegen lieh ich es mir aus und hoffte auf eine ausgemachte Sauerei.
Aber weit gefehlt. Der Mann mit der Ledertasche ist ein oftmals überaus komisches, an vielen Stellen aber auch sehr berührendes Portrait eines einsamen Kämpfers, den sein stupider Job langsam aber sicher aufreibt. Bukowski, der selbst Jahre lang als Postbote gearbeitet hat, erzählt von endlosen 12-Stunden-Schichten an Sortierkästen und von Wahnsinnstouren als Briefträger, die Chinaski wegen seiner Aufmüpfigkeit oft von seinem Vorgesetzten aufgebrummt bekommt. Als Trost bleibt Hank da oft nur die Flasche oder das Bett einer seiner Lebensabschnittsgefährtinnen.
Bis zum Ende gibt sich Chinaski zwar nach außen hin unerbittlich, quittiert aber schließlich den Dienst bei der Post, um einen Roman zu schreiben.
40 Jahre nach der Erstveröffentlichung liegt der Roman nun bei Kunstmann erstmalig als Hörbuch vor. Ich persönlich bin zwar Hörbuch-Downloads gegenüber nicht abgeneigt, wenn man allerdings eine so prachtvoll aufgemachte Box vor sich liegen hat, wie sie der Verlag hier vorlegt, dann kann man Liebhaber „echter“ CDs sehr gut verstehen.
Das Package sowie die einzelnen CD-Hüllen sind mit schönen Zeichnungen versehen. Neben einem Charles Bukowski ähnelnden Mann mit einer Ledertasche sind darauf auch Impressionen zu sehen, die wie ein kleines Storyboard des Romans wirken Außerdem sind die CDs in ansprechender Vinyl-Optik gestaltet. Ein echtes Schmuckstück für jedes (Hör-)Buchregal!
Und wenn Sie etwas über die Qualitäten des Vorlesers wissen möchten, dann müssen Sie es machen, wie ich: Fahren Sie in Ihrem nächsten Urlaub an die See und setzen Sie sich Hörbuch hörend in der Abenddämmerung mit Blick aufs Meer an den Strand. Und wenn Matthias Brandt dann an der Stelle des Buches anlangt, an der Hank seine Freundin Betty ein letztes Mal im Krankenhaus besucht, dann lassen Sie Ihren Tränen einfach freien Lauf.
Weitere Infos und eine Hörprobe gibt es hier!
Neueste Kommentare