9 Fragen an Christoph Piasecki und Markus Topf (Regisseur und Autor der Hörspielreihe „Mord in Serie“)

Christoph Piasecki und Markus Topf sind die kreativen Köpfe hinter der neuen Hörspielreihe Mord in Serie. Markus Topf arbeitet als freier Autor und Formatentwickler für Film und Fernsehen, hat aber auch schon für Hörspielserien wie Team Undercover und Christoph Schwarz geschrieben. Christoph Piaseck ist Geschätsführer des Labels Contendo Media, bei dem neben Mord in Serie auch die Hörspielserie Team Undercover erschienen ist.

markus topf
Markus Topf

1. Wie und wann entstand die Idee zu „Mord in Serie“?
Markus Topf: Christoph und ich lernten uns im Rahmen der Hörspielmesse 2010 in Hamburg kennen und trafen uns wenig später auf der Gamescom in Köln wieder, wo er mir dann von seinem Vorhaben erzählte, eine Hörspielreihe mit in sich abgeschlossenen Thrillern zu produzieren. Ich fand das äußerst spannend und schlug ihm daraufhin verschiedene Plots vor, von denen bereits „Das 12. Opfer“ und „Todgeweiht“ auf großes Interesse stießen und schließlich als Episoden von „Mord in Serie“ umgesetzt wurden. Im Laufe der nächsten Monate schrieb ich für Christoph dann insgesamt zwölf Dialogbücher, eines davon mit meinem Co-Autor Dominik Ahrens. Eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit. Ich denke, das Ergebnis kann sich hören lassen.

Christoph Piasecki: Ich fand Markus‘ „Freelancer“ schon großartig, da hat man gut merken können, dass er viel für Film und TV schreibt. Stets war die visuelle Komponente zugegen, obwohl man ja nur ein Hörspiel hat. Das Zusammentreffen war also in der Tat passend und genau zum richtigen Zeitpunkt. Neben unserer Jugendkrimireihe „Team Undercover“ hatte es mich schon länger gereizt, doch einmal spannende und intelligente Thriller für Erwachsene zu produzieren, denn es gab 2010 zwar hier und da mal Krimiserien, aber keine richtigen Thriller-Serien.

Es sollten Thriller sein, die von vorne bis hinten spannend und mitreißend sind und für mich kam von Anfang an nur eine Reihe mit jeweils abgeschlossenen Stories in Frage, denn es sollte kein Sicherheitsnetz geben. Bei Serien mit festen Hauptdarstellern überleben die Protagonisten immer. Und das weiß der Hörer natürlich. Das ist wie bei TV-Serien, wo die Gefahr der Woche immer rettend gebannt wird. Eines ist bei „Mord in Serie“ sicher: niemand ist sicher! Egal, wie groß die Rolle, egal, ob es eine Hauptfigur ist, von einem Moment auf den nächsten kann sich alles ändern, alles ist möglich. Das ist auch das, was ich direkt am Anfang zu Markus gesagt habe: „alles ist möglich“. Eine Folge, die mir bei der Entwicklung der Stories sehr am Herzen lag, war „Die schwarzen Witwen“, die den drei wunderbaren Sprecherinnen (Ursela Monn, Katja Brügger, Reinhilt Schneider) auch quasi auf den Leib geschneidert wurde. Ich fand es herrlich, die warmherzige Atmosphäre der zu Beginn ruhigen Folge mit den sympathischen Hauptfiguren nach der Hälfte der Folge komplett auf den Kopf zu stellen. Auch der Humor kommt vorher nicht zu kurz.

Besonders angenehm an Markus Topfs Schreibstil sind die vielen sehr visuellen und plastischen Beschreibungen. Auch wenn die ohne Erzähler ja „nur“ im Sounddesign herauskommen, so wussten die Sprecher stets, was um ihre Figuren herum passierte, als wäre es ein Filmdrehbuch. Davon waren alle Sprecher hellauf begeistert, auch die Filmschauspieler, die sonst kaum oder noch nie in Hörspielen zu hören waren.

Aber irgendwie bin ich abgeschweift…

Die Idee war also geboren, die ersten 4 Skripte geschrieben und es ging am 18. und 19. November 2010 zum ersten Aufnahmeblock in die ehrwürdigen Graceland Studios. Erster Sprecher in der Session war Stephan Chrzescinski, der, wie ich finde, noch immer einen „August August“ sprechen könnte. Das war mit ein Grund, warum seine Rolle in „Potz Blitz“ August September heißt und in „Team Undercover“ ebenfalls August. Nach 2 aufregenden und mörderisch spannenden Tagen waren die ersten Folgen im Kasten und weitere Aufnahmen folgten dann im Dezember 2010 in Berlin u.a. mit der großartigen Ursela Monn, die in den verschiedenen Rollen (unserer drei Serien) wirklich alle Facetten zeigt.

Nach und nach folgten dann 2011 die Aufnahmen der Folgen 5-12 und jetzt, 2012, ist es endlich soweit. Es ist ein tolles Gefühl, die CDs endlich in der Hand zu halten und ich freue mich, dass es so vielen Leuten gefällt, Hörspielhörern, wie Kritikern.

2. Die Auswahl der Sprecher lässt darauf schließen, dass ihr auch Hörspielkinder der 1980er wart. Ist das so?
Markus Topf: In meiner Kindheit habe ich tatsächlich unzählige Hörspielserien rauf und runter gehört, hauptsächlich „TKKG“ und „Masters of the Universe“. Neben den aus dieser Zeit bekannten EUROPA-Sprechern wie Konrad Halver, Reinhilt Schneider oder Henry König gibt es in „Mord in Serie“ aber auch viele „neuere“ Stimmen zu hören, die man eher aus dem Synchronbereich kennt. Meiner Meinung nach, eine sehr schöne Mischung.

Christoph Piasecki: Absolut. Eigentlich zunächst auch nur der 80’er, denn wie sehr viele „Kassettenkinder“ habe ich das Hörspiel erst in den 2000’ern wiederentdeckt. Und mich aufs Neue darin verliebt. Was ich gehört habe, als Kind? „???“ natürlich. „TKKG“ auch die eine oder andere Folge, die „Die Funk-Füchse“ hatten es mir aber mehr angetan. Deshalb fand ich es auch so schön, Michael Deffert als Vater in unserer Serie „Team Undercover“ zu haben. Und Judy Winter als Mutter. Da kommt natürlich ein bisschen auch das Kind im Manne hoch, wenn man mit all den tollen Stimmen zusammen arbeitet, die man schon in der Kindheit gehört hat. Klar, da ist man auch mal vor den Aufnahmen nervös, das gebe ich gerne zu. Aber man stellt doch immer wieder begeistert fest, wie menschlich und unkompliziert doch alle sind. Wie Markus schon sagt, in „Mord in Serie“ hört man aber vor allem auch sehr viele Stimmen, die man in erster Linie aus dem Synchronbereich kennt oder eben als Schauspieler in Kino und Fernsehen. Diese Mischung wirkt sehr lebendig und nicht schon wie mehrfach gehört. Bei Darstellern wie Mathis Landwehr, Ursela Monn, Hanno Friedrich u.a. lässt sich natürlich auch sehr gut mit der visuellen Komponente arbeiten. Man weiß ja, wie diese Personen aussehen.

3. Ihr habt bereits für andere Hörspielserien gearbeitet, u.a. Team Undercover und Leon Kramer. Was habt ihr diesmal anders oder besser gemacht / machen können?
Christoph Piasecki: Besser…das kann man eigentlich so gar nicht sagen. Die letzten „Team Undercover“-Folgen haben beste Kritiken eingefahren und die Folge 5 wurde sogar für die Top3 des Ohrkanus 2010 nominiert.

Wir haben eher anders gearbeitet. Es gibt schon sehr entscheidende Unterschiede vor allem zwischen „Mord in Serie“ und „Team Undercover“. Natürlich vor allem die sehr viel härtere Gangart, was Situationen, Konsequenzen oder Gewalt betrifft. Man muss auch weniger auf die Ausdrucksweise der Figuren achten, sondern sie so sprechen oder schimpfen lassen, wie es Menschen eben in echt auch machen. Auch der Fluss in Szenen ist ein vollkommen anderer. Da „Mord in Serie“ keinen Erzähler einsetzt, muss alles über Dialoge und Sounddesign deutlich werden, es wird sehr viel realistischer gespielt, weil alles hörbar sein muss, was die Figuren machen. Die Anforderungen an das Sounddesign und die Musik sind komplett anders. Man muss ja innerhalb weniger Augenblicke als Hörer sofort die Orientierung haben, ganz ohne Erzähler. Die Szenen an sich sind schneller, Dialoge greifen noch viel enger ineinander und es gibt häufigere Szenen- und Ortswechsel. Charaktere müssen durch das, was sie sagen oder machen, dem Hörer verständlich und zugänglich werden. Gerade dieses sehr intensive Spiel macht den Sprechern so viel Spaß und das hört man auch, finde ich.

Was mir bei „Mord in Serie“ ebenfalls wichtig war, ist die Besetzung aller Rollen mit erstklassigen und hochkarätigen Sprechern, wie man es ja z.B. von guten Synchronisationen kennt, wo auch in 1-Satz-Rollen bekannte Stimmen zu hören sind. Das verwischt auch die Grenze von Haupt- und Nebenrollen. Bei vielen Krimiserien im Fernsehen ist es doch oft so, dass der bekannte Gaststar der Täter ist. Bei „Mord in Serie“ ist das ja für den Hörer dann nicht so einfach. Gleiches gilt natürlich dann auch für „Team Undercover“, das ja in einigen Folgen vom „Whodunnit“ lebt. Da alle Sprecher von „Mord in Serie“ auch für die anderen Serien eingesetzt werden, sind die Dialoge und Casts auch dort ein ganz besonderes Erlebnis.

Der schnelle, intensive und aufwändige Stil von „Mord in Serie“ hat natürlich im Umkehrschluss auch sehr viel Einfluss auf den Stil der kommenden „Team Undercover“-Folgen ab Spätherbst 2012. Auch hier fällt zukünftig der Erzähler weg, alles findet durch die Figuren, lebendigen Dialoge, Szenen und Ortswechsel statt. Wir haben uns daher der Herausforderung gestellt, eine moderne Jugendserie ohne Erzähler zu schaffen. Mit entsprechendem Dialog- und Szenenaufbau wird alles auch ohne Erklärungen deutlich. Man soll die Fantasie von Kindern und Jugendlichen, der erwachsenen Hörern ohnehin, nicht unterschätzen. Kinder und Jugendliche sind heutzutage andere Serien und mediale Unterhaltung gewohnt, als wir es waren.

4. Markus hat bereits fürs Fernsehen gearbeitet. Gibt es etwas dass man aus der Arbeit für eine Fernsehserie fürs Hörspielmachen lernen kann?
Markus Topf: Die Entwicklung und Konzeption einer Hörspielserie ist nicht viel anders, als die einer fiktionalen TV-Serie. In beiden Fällen geht es in erster Linie darum, spannende Geschichten zu erzählen und sein Publikum gut zu unterhalten.

Christoph Piasecki: Da stimme ich Markus nur zu. Das merkt man auch seinen Skripten an. Sehr visuell, packend und eben im Stil einer Filmproduktion geschrieben.

christoph piasecki
Christoph Piasecki

5. Warum glaubt ihr haben es anspruchsvolle neue TV-Formate im deutschen Fernsehen so schwer. Könnt ihr euch ein deutsches Mad Men oder Game Of Thrones vorstellen?
Christoph Piasecki: Da ich beide Formate liebe, würde ich mich sehr darüber freuen. Wenn man sich die aktuelle Fernsehlandschaft z.B. am Nachmittag und Vorabend ansieht…naja, was soll ich dazu sagen. Ich finde es immer wieder toll, wenn eine Serie aus dem Einheitsbrei herausragt, wie z.B. Danni Lowinski, Doctor’s Diary oder Der letzte Bulle, die eben auch mal mit ungewohnten Protagonisten und tollen Darstellern aufwarten. Ich finde, gerade solche Serien zeigen, wie viel Potenzial in deutschen Autoren steckt, auch in Punkto Leichtigkeit und Timing. Ich denke, dass ein Format, ähnlich dem epischen und komplexen Game of Thrones, schlicht und ergreifend auch zu teuer als deutsche Produktion wäre. Die Kostenlandschaft ist in Deutschland eine ganz andere. Ähnlich aufwändige Formate würden viel mehr Zuschauer erfordern, damit es sich durch die Werbeeinnahmen rechnet, als in den USA, die ja dann auch weltweit die DVDs vermarkten können. Diese Möglichkeit hat doch kaum eine deutsche Serie.

6. Es fällt auf, dass jede Folge von Mord in Serie einen eigenen Soundtrack hat. Wie entwickelt ihr die jeweilige Musik und nach welchen Kriterien werden die Bonustracks ausgewählt?
Christoph Piasecki: Am Anfang steht die Idee. Skript und Story diktieren bereits ein wenig den Musikstil. So sollten die „Witwen“ hitchcockartig sein, sowohl in Musik, als auch in der Inszenierung. Natürlich so, als würde Hitchcock mit heutigen Mitteln arbeiten, was Instrumentierungen angeht. Auch die flottere, beinahe mit lustigen Akzenten versetzte Musik, wenn die drei Damen in strömendem Regen ihren Plan ausführen wollen, war maßgeblich für die Inszenierung der Szene selbst. Es kann also in beide Richtungen gehen. Ein Merkmal von „Mord in Serie“ soll auch sein, dass jede Folge einen eigenen musikalischen Stil erhält. So ist „Das 12. Opfer“ eher ruhig, mit elektronisch mysteriösen Klängen, die auch mal in die Vollen gehen. „Wolfsnacht“ ist anfangs wie ein Road Movie mit moderner Musik aufgebaut, wechselt aber dann im Laufe der Folge zum bedrohlichen, orchestralen Stil. Die Musikstücke spiegeln auch immer die Entwicklung der Story wieder. Bei „Feuerengel“ wird es hart und rockig zugehen, bei „Todgeweiht – Die Lazarus-Verschwörung“ bombastischer, bei „Kalter Tod“ wieder sehr ruhig und bedrohlich.

Die Bonus-Tracks mit Songs verschiedener Bands waren von Anfang an ebenfalls eingeplant. Diese werden stets stiltechnisch passend zur Folge ausgewählt.

7. Wie und wann wird es mit Mord in Serie weitergehen? Wird das bisherige Konzept beibehalten?
Christoph Piasecki: Ja, unbedingt! Wobei „Mord in Serie“ ja auch noch gar nicht alle Facetten gezeigt hat, was Stories, Erzählstil usw. betrifft.

Fester Bestandteil bleibt aber auf jeden Fall der bisherige filmartige Aufbau, der ganz bewusst so gewählt wurde:

Man ist sofort drin in der Handlung, hat bei der Titelmelodie kurz Zeit, um Luft zu holen und wird durch den Abspann rausgeleitet. Wer da zu eilig abschaltet, dem entgeht ohnehin noch etwas. Und wie im Kino kommt dann noch der Bonus-Song. Der Abspann ist stiltechnisch ein tolles Mittel, um nochmal allen Beteiligten zu danken und auch, um Käufern der digitalen Vertriebswege quasi ein akustisches Booklet an die Hand zu geben.

Wann es mit „Mord in Serie“ weitergeht? Im Oktober direkt mit 2 Folgen. Mindestens 6 Folgen sollen insgesamt dieses Jahr erscheinen.

8. Hat Contendo Media noch weitere Hörspielprojekte in Planung?
Christoph Piasecki: Ja. Eines davon ist, wie erwähnt, „Team Undercover“, das im Spätherbst mit neuen Folgen und einem Re-Release der Folgen 1-5 erneut durchstartet. Darüber hinaus haben wir einige Folgen einer Kinderserie produziert, die voraussichtlich im nächsten Jahr erscheinen wird.

9. Wie bewertet ihr den momentanen Hörspielmarkt? Hat das Medium eine Zukunft?
Markus Topf: In den letzten Jahren ist es immer schwieriger geworden, sich auf dem Hörspielmarkt mit neuen Produktionen durchzusetzen. Selbst große Verlage wie Lübbe mussten einige Serien aus dem Programm nehmen. Qualitativ hochwertige und teure Produktionen haben es heutzutage immer schwerer, wenn sie nicht auf einer bereits etablierten und erfolgreichen Marke aufbauen. Ich bin aber trotz allem davon überzeugt, dass sich das Medium Hörspiel in Deutschland auch in Zukunft großer Beliebtheit erfreuen wird, auch wenn die Regale der Kaufhäuser dann sicher nicht mehr aus allen Nähten platzen werden, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war.

Christoph Piasecki: Da kann ich Markus nur zustimmen. Natürlich hat Hörspiel eine Zukunft, dafür ist das Medium zu sehr auch in der deutschen Medienkultur und den Wurzeln der Kindheit vieler verankert. Wichtig ist jedoch auch, neue Hörer zu gewinnen und neue Impulse zu setzen. Ich hoffe, dass „Mord in Serie“ einen Teil dazu beiträgt.

Ich danke Christoph und Markus für den netten Kontakt und die ausführlichen Antworten!

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